15 Jahre Sozialfinanz in Luxemburg

, von Ekkehart Schmidt

Etika wurde im Dezember 1996 von fünf aus der Zivilgesellschaft hervorgegangenen luxemburger Vereinen sowie der Unterstützung der Banque et Caisse de l’Epargne, Luxembourg (BCEE) gegründet. Nach 15 Jahren gibt es somit einen guten Anlass, sich an die - nicht immer einfachen - Gründungsbedingungen und Anfangsjahre zu erinnern. So haben wir das Jubiläum im Dezember 2011 in kleinem Kreis mit Personen der ersten Stunden gefeiert (unsere Fotos).

Als etika und die BCEE Ende 1996 das Protokoll zur Etablierung eines alternativen Sparmechanismus unterzeichneten, der im Januar 1997 eingerichtet wurde, wehte der Wind nicht gerade in Richtung der Ideale von Solidarität, die durch die Sozialfinanz befördert werden sollten. Ganz im Gegenteil: Es war im Dezember desselben Jahres, als die Welthandelsorganisation (WTO) ihre erste Konferenz durchführte. Sie wurde später v.a. dadurch bekannt, dass sie ihre Vorstellungen eines weltweiten freien Handels ohne grössere Rücksicht auf die Belange der Menschenrechte und der Umwelt durchsetzte.

Die Bewegungen des Widerstands gegen die neoliberale Globalisierung standen noch am Anfang: Man erinnere sich an die Zapatisten des Subcomandante Marcos, die 1994 gegen das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada aufbegehrten. Der Geist ihres Widerstands inspirierte auch die ersten Demonstrationen gegen den Neoliberalismus 1999 in Seattle.

In Luxemburg war Jean-Claude Juncker seit 1995 Premierminister, was ihn zum einzigen europäischen Staastmann machte, der ohne Unterbrechung schon "so lange" an der Macht war. Wenngleich es in den Nachbarländern bereits Sozialbanken gab, so seit 1993 die Triodos Bank in Belgien, seit 1988 La Nef in Frankreich und schon seit 1974 die GLS Bank in Deutschland, so gab es nichts vergleichbares im Grossherzogtum.

Schon seit Beginn der 1990er-Jahre dachten jedoch die späteren Gründungsmitglieder von ALTERFINANZ (im Jahr 2000 umbenannt in etika), insbesondere die ASTM, der Cercle de coopération des ONG de développement, der Demeter Bond, die Fondation Caritas und die Stiftung Oeko-fonds über die Etablierung eines von den Sozialbanken in den Nachbarländern inspirierten Finanzproduktes nach. Es sollte ein Sparprodukt sein, das einerseits den Sparer/innen eine grösstmögliche Transparenz und verantwortungsvolles Investieren garantiert, andererseits solchen Unternehmen, Vereinen und Einzelpersonen, die bei ihren Aktivitäten einen deutlichen sozialen und ökologischen Mehrwert nachweisen können, günstige Kreditbedingungen bieten.

Die Gründer von Alterfinanz haben damals verschiedene Szenarios zur Gründung eines solchen Finanzprodukts durchgespielt: Die Idee, quasi aus dem Nichts eine eigene Bank zu gründen (wie dies aktuell mit der NewBank in Belgien umgesetzt wird, siehe etikaINFO 36 vom vergangenen September), wurde schnell aufgegeben, als klar wurde, welch enorme finanzielle, logistische und humane Ressourcen dafür zu mobilisieren wären. Es wurden auch Kontakte zu bereits bestehenden Sozialbanken wie der Triodos aufgenommen, die damals bereits in den Niederlanden und Belgien präsent war. Aber auch da zeigte sich, dass der luxemburgische Markt zu klein war, um eine Filiale und die Kosten der Einstellung einer/s Angestellten - selbst in Teilzeit - rechtfertigen zu können.

So blieb noch die Lösung, die bereits von La Nef in Frankreich praktiziert worden war: mit einer bereits vor Ort anwesenden Bank zu kooperieren, die über ein ausreichend grosses Filialnetz verfügt, um das gesamte luxemburgische Territorium abdecken bzw. die Bevölkerung bedienen zu können. Damals bestanden fünf Banken, die diese Kriterien erfüllten: natürlich die BCEE, aber auch die Raiffeisen Bank, der Crédit européen (heute ING), die Banque de Luxembourg, die BGL und die BIL. Heute wissen wir, dass die beiden letztgenannten Banken ihre Aktionärsstruktur verändern mussten und sich unter ihren ursprünglichen Namen wiederfanden, nachdem sie aufgrund extrem riskanter Geschäfte in die Krise geraten und vom luxemburger Steuerzahler mit Millionen von Euro vor dem Konkurs bewahrt werden mussten...

Zwar entsprach es dem Wunsch und Willen der Gründer von Alterfinanz, mit so vielen Banken wie möglich zu arbeiten, wie schon angedeutet waren die Ideen der Sozialfinanz in den damaligen Zeiten eines triumphierenden Neoliberalismus nicht in Mode. So war die BCEE die einzige Bank, die dem Anliegen der fünf Gründerorganisationen mit Interesse zuhörte. Heute können wir mit etwas Stolz sagen, dass sich beide Seiten zu dieser Kooperation beglückwünschen können, zumal die meisten anderen Banken versuchen, ihr durch die Krise von 2008 ramponiertes Ansehen durch das Umhängen eines grünen oder sozialen Mäntelchens aufzuhübschen. Kaum eine dieser Banken kann dies durch ein tatsächlich jahrelanges entschiedenes Engagement im Bereich sozial und ökologisch verantwortungsvollen Investierens rechtfertigen.

Etika ist zwar mit 15 Jahren immer noch sozusagen ein Heranwachsender, aber als solcher tatsächlich in guter Gesundheit und sehr optimistisch in die Zukunft schauend. Ausgestattet mit dem Vertrauen, das unsere mittlerweile über 1.000 Sparer/innen uns von Anfang an entgegengebracht haben, hoffen wir, noch viele Jahre von uns hören zu lassen!

Nachtrag: Infografik zu 20 Jahren etika

Fotos : Ein großes Dankeschön an unsere erste Angestellte, Laure Belin (oben) und an Marc Elvinger, der seit 15 Jahren Mitglied des Verwaltungsrates ist (unten)